Wie alles anfing...
Mein Mann und ich haben uns "relativ" spät kennen gelernt. Wobei, wer legt fest, was früh und was spät ist? Sagen wir es so, es war keine Jugendliebe. Wir beide waren schon über 30 und wussten genau, was wir wollten. Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, aber auf den vierten oder fünften. Über gemeinsame Freunde kreuzten sich unsere Wege. Gefühlt ging alles recht schnell, weil wir beide eben ganz genaue Vorstellungen hatten. Nach einem guten halben Jahr haben wir uns auf die Suche unserer gemeinsamen Wohnung gemacht. Ich kann heute noch nicht unser Glück fassen, wenn ich aus dieser besagten Wohnung von meinem Esstisch rausschaue und den Blick auf unsere Stadt genieße. Das war ein absoluter Zufall und Glückstreffer, man könnte auch Schicksal sagen. Das Glück war auf unserer Seite. Was aber nicht heißt, dass die Zeit bis dahin rosa rot war. Ganz im Gegenteil, der Ernst des Lebens hat uns richtig schnell erwischt. In dieser Zeit habe ich in meinen Papa verloren. Für mich viel zu früh, aber trotzdem konnte ich die schönen Dinge im Leben sehen: Meinen Mann, unsere gemeinsame Zukunft, das Glück mit unserem schönem neuem zu Hause.
Pläne sind dafür da...
Mitte 2019 haben wir dann geheiratet. Auch da hat mein Papa gefehlt, aber ich habe das Schöne nicht aus den Augen verloren und die Dankbarkeit, dass mich mein großer Bruder bei der Trauung zu meinem Mann gebracht hat, er eine wundervolle Rede auf uns beide gehalten hat. Ja es war eine Lücke in unserer Runde, aber viel Liebe und tolle Freunde und der Rest der Familie konnten das Loch füllen. Und wir hatten einen Plan. Ganz klar vor Augen: nach der Hochzeit werde ich schwanger. Für uns beide war von Anfang an klar: wir wollen Kinder. Für mich war auch ganz klar: erst heiraten, dann geht's weiter in der Familienplanung. Und ich spreche jetzt rückblickend ganz bewusst von Planung, weil wir bereits eine kleine Familie waren.
Wir müssen das Leben, das wir geplant haben, loslassen, damit wir das Leben annehmen können, das auf uns wartet. Joseph Campbell
Ich weiß bis heute nicht, warum ich "schnell" reagiert habe bzw. sagen wir es so, nicht das 1 Jahr abgewartet habe, von dem alle immer sprechen. Ich habe auf mein Bauchgefühl gehört. Was mir zu der Zeit noch ganz gut gelungen ist. Da kamen bereits auch schon Stimmen von außen. "Mach dich doch nicht verrückt", "Warte doch noch, du musst Geduld haben", "Du musst euch Zeit geben". Niemand, wirklich niemand aus meinem Umfeld hat es böse gemeint, aber diese Aussprüche machen viel mit einem. Und das war nur der Anfang, da wusste ich noch nicht, was noch alles auf uns zukommen und einprasseln wird.
Je schwerer es dir fällt, einen Schritt zu machen, desto wichtiger ist es, dass du ihn tust. Unbekannt
Der erste Schritt war noch okay, aber der Nächste war verdammt schwer.... Mein Frauenarzt hat uns in eine Kinderwunschklinik geschickt. Ich hatte keine Ahnung was uns erwartet, wie auch. Auf medizinische Details, Diagnostiken etc. werde ich hier nicht eingehen. Ich bin kein Arzt und gerade in diesem Bereich muss man extrem vorsichtig sein und, wie ihr es euch sicherlich schon denken könnt, geht es hier um die mentale Ebene und Erfahrungen. Mittlerweile war es Anfang 2020 und es kann sich sicherlich noch jeder erinnern, dass die "Corona-Zeit" begonnen hat. Was es für die ganzen Arzttermine nicht leichter gemacht hat. Zu Beginn waren wir in der falschen Klinik. Warum und weshalb ist auch egal. Wichtig war, ich hatte das Gefühl, Zeit zu verlieren. Es dauerte, bis wir in der anderen Klinik einen Termin erhalten haben. Wir reden nicht von Monaten, aber vom Frauenarzttermin bis zu der 2. Klinik vergingen einige Wochen. Wochen, die für mich verloren waren. Wochen, die verstrichen sind und wir nicht genutzt haben. Natürlich haben wir auch trotzdem noch jeden Monat gehofft, dass es auch so klappen könnte. Die Stimmen von außen haben einem das ja auch immer wieder gut zugesprochen. "Ach, das klappt bei euch auch bestimmt so.", "Ich kenne jemanden, die hatte auch einen Termin in der Kinderwunschklinik. Soweit kam es aber gar nicht, weil sie vorher noch schwanger wurde", "Bei uns hat es auch ein bisschen gedauert", "Bucht mal Urlaub, das wird euch helfen." Das war alles Lieb gemeint, aber der Druck wurde dadurch noch Stärker. Ich fragte mich dann wirklich: liegt es an mir? Bin ich zu ungeduldig? Muss ich mehr entspannen? Oder klappt es jetzt, wo ich nur einen Termin ausgemacht habe?
Ich weiß, dass ich nichts weiß Sokrates
Irgendwann musste ich ins tun kommen. Welche Frau mit Kinderwunsch kennt es nicht? Einfach abwarten, bis der nächste Zyklus kommt, der Termin in der Kinderwunschklinik, das Ergebnis von einer Untersuchung... Irgendwann geht das nicht mehr. Also fing ich an, mir Bücher zu kaufen. Das schlimmste von allen ist googeln. Und immer habe ich mich alleine und rastlos gefühlt. Ich habe versucht, mir Wissen anzueignen, damit ich verstehe, was die Ärzte mir berichten. Nur irgendwann habe ich mich darin verloren. Mein Kopf schwirrte und ich wusste nicht mehr, was ich mit meinem Wissen machen soll bzw. was wusste ich eigentlich schon? Gefühlt nichts und doch waren da so viele Informationen, die ich gar nicht richtig verarbeiten konnte.
Die Hoffnung hilft uns leben Johann Wolfgang von Goethe
Irgendwann kam es dann zur ersten Behandlung. Wir starteten mit einer Intrauterinen Insemination (IUI). Betonung liegt auf „wir starteten“. ich weiß schon gar nicht mehr, ob wir 2 oder 3 IUIs hatten, rückblickend auch egal. Jede Frau mit Kinderwunsch weiß, dass dann aber auch wieder 2 oder 3 Monate vergangen sind.
Im Sommer hatten wir dann unsere erste ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion). Die Stimmen von außen veränderten sich: "Bei meiner Kollegin hat es direkt beim ersten Mal geklappt. " "Unsere Nachbarin hatte auch eine Kinderwunschbehandlung, genau die gleiche Situation wie bei euch und es hat direkt geklappt." "Die Bekannte von einer Freundin war auch in der Kinderwunschklinik in der ihr seid, bei ihr hat alles super funktioniert. Bei euch klappt es auch!" Ja da war sie, die Hoffnung. Wer hat sie nicht. Jetzt wird alles gut, jetzt werde ich Mama. Klar, warum auch nicht, ich bin ein positiv gestimmter Mensch und mir wurde ja auch ganz oft gesagt: "Wenn du daran glaubst, dann wird das schon." "Klar wirst du Mama, warum sollte es nicht klappen". Ich wiederhole mich nur ungern, aber in diesem Fall ist es extrem wichtig nochmal zu sagen, dass keine von diesen Äußerungen böse gemeint war - ganz im Gegenteil. Trotzdem haben sie mir oft nicht gutgetan.
Heillos überfordert…
Im Sommer hatten wir dann unsere erste ICSI. Wenn ich mich zurückerinnere, würde ich sagen, wir waren ganz schön naiv. Wir sind frühs in die Klinik, Medikamentenplan abholen und dann direkt in den Urlaub gefahren. Die erste Herausforderung war das Thema Medikamente kühlen. Wir hatten ja keine Ahnung was auf uns zukommt.
Ich war so angespannt, ich habe so viel geweint und ich hatte keine Ahnung wieso. Mir war nicht bewusst, was ich meinem Körper mit den ganzen Medikamenten antue. Wir sind in die Berge gefahren, bei einer Wanderung kam so das erste Mal die Frage für mich auf: werde ich jemals MAMA? Die ganze Situation, das Spritzen, die Medikamente haben mich total überfordert und vor allem meine Gefühlsausbrüche – wahrscheinlich waren wir beide, mein Mann und ich heillos überfordert.
Ich weiß nicht, wie dir es ergangen ist, aber ich hätte mir gerne ab der ersten Behandlung bzw. vor dem Start der ersten KiWu-Behandlung professionelle Unterstützung gewünscht. Jemanden, der mich an die Hand nimmt.
Gefühlschaos
Zu den erfolglosen Behandlungen stellen sich noch viele weitere neue Situationen ein. Auf einmal wird man mit Gefühlen konfrontiert, die man von sich gar nicht kannte. Ich möchte auch heute noch nicht das Wort „Neid“ in den Mund nehmen, vielleicht war oder ist es das, aber ich würde für mich ganz persönlich sagen, dass es eher ein Moment der Traurigkeit war, gepaart mit Freude für den anderen. Was ich meine: Wenn auf einmal im Umfeld gefühlt alle schwanger werden. Was das für eine Frau mit (noch) unerfülltem Kinderwunsch bedeutet, kann man gar nicht in wenige Worte fassen. Ich habe mich immer schlecht gefühlt, wenn ein Moment der Traurigkeit aufkam, weil es schließlich gerade nicht um mich ging. Also wurde schnell das Gefühl zur Seite geschoben, ein lächeln wurde aufgesetzt und ich gratulierte. Die Glückwünsche kamen von Herzen, aber meine Traurigkeit auch. Nach so vielen Jahren mit unerfülltem Kinderwunsch kann ich jetzt sagen, dass das auch okay ist. Ich durfte Traurig sein, aber es war nicht okay, dass ich meine Gefühle weggedrückt habe, um nach außen stark zu wirken. Denn irgendwann wurde die Last zu schwer....
Und doch standen wir erst am Anfang
Mittlerweile war ein Jahr aus pragmatischer Sicht mit Arztterminen, Untersuchungen und Behandlungen verstrichen und so schnell konnten wir gar nicht schauen, hatten wir schon über 1,5 Jahre einen unerfüllten Kinderwunsch. Und das ersehnte Baby ließ auf sich warten. Die Hoffnung wurde immer weniger, die Wut immer mehr. Die Hilflosigkeit und die Verzweiflung nahmen von Monat zu Monat oder besser gesagt von Zyklus zu Zyklus zu. Auch hier änderten sich die Stimmen, "Ich verstehe dich", "Muss Schlimm sein, aber Kopf hoch, das wird schon", "Vielleicht würde dir jetzt ein anderes Projekt guttun". Ein Kind war für mich nie ein Projekt, ein Kind war für mich, seit ich denken konnte, ein Lebensinhalt. Das Loch wurde immer größer und das Gefühl, ich bin damit alleine, wurde immer mehr. Aber aufgeben kam für mich nie in Frage. Der Optimist in mir war dann doch größer als die schweren Gefühle. Also machten wir weiter. In dem Tempo wie es für mich gut war. Mein Alter, jetzt mittlerweile 38, saß mir im Nacken. Egal was ich machte, die Zeit machte mir noch mehr Druck. Auch als ich mir Auszeiten genommen habe, weil es psychisch und physisch nicht mehr ging, saß der Druck wie der kalte Atem vom Bösen in einem Horrorfilm im Nacken. Man sieht ihn nicht, aber man spürt ihn und es fühlte sich nicht gut an. Angst macht sich in mir breit, wieder ein neues Gefühl. Angst, wird es jemals klappen? Und was ist, wenn nicht? Was ist dann? Wirst du dann trotzdem ein erfülltes Leben haben? Wird es deine Beziehung überstehen?
Gib das, was dir wichtig ist, nicht auf, nur weil es nicht einfach ist Albert Einstein
Das Zitat "Gib das, was dir wichtig ist, nicht auf, nur weil es nicht einfach ist" hört sich so einfach an, ist es aber nicht. Trotz aller Gefühle machten wir aber weiter und weiter. Eine Behandlung folgte nach der anderen. Das Leben veränderte sich. Der Freundeskreis veränderte sich. Freunde gingen, neue Freunde kamen dazu. Beruflich veränderte ich mich. Aber eins blieb immer gleich: der Wunsch nach einem Kind.
Und immer wieder leuchtet gerade irgendwo am Himmel ein Regenbogen für dich unbekannt
Wir haben nicht aufgegeben, aber nach 5 ICSI Behandlungen mit vielen Herausforderungen war eine gewisse Schwere in meinem Leben und in mir. Ich habe alles gemeistert, aber mir hat die Leichtigkeit gefehlt und zwischendurch auch die Zuversicht. Ich habe mein Leben mit angezogener Handbremse gelebt. Irgendwann kam wieder das Schicksal ins Spiel. Ein Freund von uns ist ein renommierter Coach, Speaker, Bestsellerautor und bildet zum Mentalcoach aus. Uns trennen einige km und, wie so oft, liegt das Gute so nah und man sieht es nicht bzw. man spricht mit Freunden auch nicht immer über alles. Auf Facebook habe ich dann eine Anzeige zu dieser Ausbildung gesehen. Ich fragte ihn, ob das etwas für mich wäre und er fragte: "warum nicht?". Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, dann kannte ich schon damals die Antwort. Aber die konnte oder wollte ich damals nicht sehen oder es brauchte noch ein weiteres Schicksal oder nennen es wir mal zur Abwechslung „Zufall“.
Das Leben antwortet mit Zufällen, wenn ein Wunsch aufsteigt, der stark genug ist unbekannt
Die Ausbildung zum Mentalcoach ging 1 Jahr, nach dem Abschluss machte ich mir auch keine weiteren Gedanken mehr, wie ich mein neues Wissen weitergeben könnte. Doch insgeheim schlummert schon seit vielen Jahren etwas in mir, das ich nicht sehen wollte oder konnte. Nach 4 Jahren (noch) unerfülltem Kinderwunsch hat es sich erst für mich ergeben, dass ich selbst ein Coaching im Bereich unerfüllter Kinderwunsch machte. Nach meiner ersten Session war mir klar: ich möchte auch Frauen helfen, denen es genauso geht wie mir. Jetzt wusste ich, warum ich diese Ausbildung gemacht habe. Ich war das erste Mal in all den Jahren nicht alleine. Mein lieber Coach war zwar mittlerweile selbst schon Mama, aber sie kannte den Weg, genauso wie ich. Ich hatte erst nach 4 Jahren das Glück, diese wundervolle Erfahrung zu machen und mit Zuversicht und Leichtigkeit mein Leben zu bestreiten.
Weitere Behandlungen...
Nach 5 hormonstimuliertem ICSIs habe ich mich im Mai 2023 für meine erste sanfte (Naturelle) ICSI entschieden. Leider ist das eine Behandlungsart, die nicht aktiv von meinen Ärzten angesprochen bzw. empfohlen wurde. Nach längeren recherchieren und einem fabelhaften Buch habe ich von der Behandlung erfahren. Endlich ein Verfahren mit keinen bzw. wenigen Hormonen. Das Buch, was ich wirklich jedem ans Herzen lege zu lesen heißt: der sanfte Weg zum Wunschkind von Dr. med. Annemarie Schweizer-Arau.
Schön, dass du zu mir gefunden hast. Lass uns gerne gemeinsam ein Kapitel schreiben.
Es wird seine Gründe haben, warum du den Weg auf meine Seite gefunden hast. Wenn auch du nicht mehr alleine durch diese schwere Zeit gehen möchtest, du Lust hast, dich wieder neu zu spüren, die Dinge wieder mit anderen Augen sehen möchtest, dann melde dich gerne bei mir.
Ich freue mich, von dir zu hören.